KAPITEL9 | Wasserstoff

  • 07.05.2022
  • ELFENGESCHICHTE

Meine Lunge brannte. Die Eiseskälte des Frühlings durchströmte meinen Hals. Meine Füße konnten mich kaum noch tragen. Ich hechtete in Mitten der spätesten Stunde, umgeben von dunklen Schatten - welche nach mir zu greifen schienen - in die Richtung der Anlegestelle des Londoner Hafens…

Einige Stunden zuvor. Jacks Haus. Ich befand mich bereits im Bett, und las noch, wartend auf Jack, der sich, wie bereits des Öfteren dieses Monats, in der Stadt mit Kollegen in einer Bar verabredet hatte. Wie auch die letzten Male, kam er auch heute nicht alleine nach Hause. Ich vernahm Stimmengewirr und konnte meiner Neugier keinen Einhalt mehr gebieten, und gab dem verlangenden Drang nach, die Treppen runter zu schleichen. 

Im Eingangsbereich standen abgetragene Damenschuhe und ein mir unbekannter Mantel lag lieblos am Boden neben der Garderobe. Ich hörte wie die Tür des Kellers ins Schloss fiel und bewegte mich wie hypnotisiert auf die graue Pforte zu. Langsam öffnete ich sie und tapste leise die Treppen nach unten.

 

Dort stand Jack. Das sonst so reinliche, unscheinbare Büro lag nun verwüstet vor mir. Kein Wort drang aus meiner Kehle, paralysiert beobachtete ich sein Vorgehen. Er stand vornübergebeugt da, in den Eingeweiden einer toten Seele wühlend. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden. Schuldbewusst, dieses Schicksal der jungen Frau nicht vereitelt zu haben, starrte ich in die leeren Augen eines bildhübschen, zu Unrecht geschundenen Mädchens.

1889  |  Jack the Ripper.

Mit strahlenden Augen winkte Jack, ich solle zu ihm kommen. Zögernd trat ich zu ihm hin, wo er einen Arm um mich legte. Er demonstrierte mir an den Überresten der Frau und seiner blutbefleckten Kleidung den vielseitigen Nutzen von Wasserstoff. Mit Freude erklärte er mir jedes ihm wichtig erscheinende Detail.

Denn Wasserstoffperoxid eignet sich hervorragend für die Wundbehandlung von offenen Wunden. Die Lösung stoppt die Blutung, verhindert eine Infektion der Wunde und fördert die schnelle Heilung. Es vaporisierte die Blutflecken regelrecht auf seiner Kleidung, und löschte jegliche Spuren der begangenen Gräueltat einfach aus. Als wäre nichts geschehen. 

Des Weiteren schilderte er mir, dass Wasserstoffperoxid in der Forensik zum Nachweis von Blut verwendet wird. Louis Jacques Thénard entdeckte 1818, dass Hämoglobin Wasserstoffperoxid zersetzt. Christian Friedrich Schönbein entwickelte daraus 1863 einen Test auf Blut.

All seine Begeisterung übergoss sich über die Schrecklichkeit dieser Szenerie und erstickte jegliche Faszination meinerseits, die ich jemals für diesen Mann empfunden hatte. Er rechtfertigte seine Tat noch damit, dass er nur menschlichen Abfall dafür verwendet. Das sie bloß eine dreckige Hure gewesen sei. Doch in meinen Augen, hätte ich genauso an ihrer Statt dort liegen können. Sie war meine Schwester, wie jede leidende Seele vor ihr. 

Mein Ziel war mir klar, ich würde sie alle rächen und mein Wissen für das Gute einsetzen. Doch ich war ihm klar unterlegen. So dankte ich ihm für die Lehrstunde, und entschwand in die Küche, mit dem Vorwand, frischen Tee aufzusetzen. Stattdessen nahm ich den verwaisten Mantel der Frau im Keller und rannte um mein Leben.

Bis ich auf dem schwarzen Ozean trieb fror ich, doch nicht wegen der Kälte, sondern vor Scham, die mich übermannte. Ein weiteres Gewitter suchte mich heim, und versetzte mich wieder in tiefste Dunkelheit.

 

AUTOR: Leonice Mercedes Troha

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