KAPITEL15 | Weihrauch

  • 29.07.2022
  • ELFENGESCHICHTE

Der Wind war unser täglicher Begleiter, in jener winterlichen Starre verharrend. Lautstark fuhr er über die Spitzen der Dächer und kroch kalt durch die Gassen der Stadt. Seine Hand umschlang warm die meine. Sein Duft umwob mich und zog mich nah an seine Schulter. Wie eine wärmende Decke, legte er seinen Arm um meine Schultern und fing mich bei jeder Eisplatte, die mich ins Straucheln brachte, unentwegt auf. Mein Begleiter war ein guter Mann.

Er hatte mir geglaubt.
Glaubte mir, wer ich gewesen war.
Glaubte mir, wer ich für andere gewesen war.
Er hatte keine Angst vor mir, im Gegenteil, er wollte meine Vergangenheit ruhen lassen und schützend an meiner Seite stehen.
Nie hatte er mir Angst gemacht oder mein Vertrauen missbraucht.
Als ich dachte, ich würde durch die Abscheulichkeiten, die ich all die Jahrhunderte gesehen hatte, verlernen zu atmen, sodass mein Herz stehen bleiben, und ich endlich vergessen könnte, zwang er mich nach Luft zu schnappen und war zu meinem Sauerstoff geworden.

Doch, wenn die Tage manchmal so kalt wie dieser waren, konnte ich das Lachen hören. Jenes schneidende Geräusch, das durch das Treppenhaus bis an meine Zimmertür heraufklang. Damals hatte ich es gern vernommen, doch, als es sich mit den Schreien vermischte, verschwamm das Trugbild vor meinen Augen. Jack. Der Schreck saß noch tief in meinen Knochen. Auch, wenn Jahrhunderte uns trennten, hatte er sich in meiner Erinnerung verankert und nährte sich gierig an meinem Seelenlicht, um zu gedeihen.

 

2018 | Heidnisches Kraut inmitten Gottes Schoß

Trotz des kalten Windes, waren mein Begleiter und ich dem Verlangen gefolgt, uns am Christkindlmarkt in der Altstadt einige „Gutitäten“ schmecken zu lassen. Nachdem der warme Glühwein meine Lebensgeister geweckt und zwei köstliche Kiachl meinen Magen gefüllt hatten, waren wir im leichten Schneegestöber Richtung heimwärts aufgebrochen.

Als ich in meinen Gedanken, wieder einmal, von meinem englischen Soziopathen heimgesucht und vereinnahmt wurde, riss mich ein altbekannter Geruch aus meiner wattigen, tristen Erinnerungswolke: Weihrauch.

Ich lachte auf. Ausgerechnet hier, im Schoße Gottes, inmitten eines Gebäudes „Seines Willens“, einer Kirche, vernahm ich das wohlduftende Räucherwerk. Mein Begleiter bemerkte meine Stimmungsveränderung und hielt inne. Er legte beide Hände auf meine Wangen und umschloss schützend mein Gesicht. Mit sanftem Druck stupste er meinen Blick in Richtung des Seinen und ließ mich in seinen blauen Augen ruhen.

Weihrauch war mir nicht fremd, sondern immer ein Freund gewesen. Oftmals hatte er mich dabei unterstützt, Krieger auf dem Schlachtfeld zu heilen. In den Kirchen hatten sie sich in Scharen getummelt. Diese schmerzerfüllten Schreie, bettelnd, dass der Tod einhergehen sollte, waren an mir nicht spurlos vorrübergegangen.

Kein Gotteshaus hat mich jemals erblickt, aber ich hatte den Soldaten gezeigt, wie sie sich selbst helfen konnten, denn direkt neben ihnen, behütet in den goldenen Schränken, hinter den Altären, war ihre Rettung. Denn Weihrauch hat entzündungshemmende, sowieso schmerzlindernde Inhaltsstoffe. Ich riet ihnen dazu, es als abschwellendes und antibiotisches Mittel anzuwenden. So viele Verwundete und so wenig Hilfe. Ab diesem Tag, hatte ich immer eine Salbe in meinen Taschen, für den Notfall, welche ich aus dem braun-gelb luftgetrockneten Gummiharz, fertigte. Gerade die Boswelliasäure im Weihrauch wirkt antibakteriell. Und falls sein Ende bereits nahte und die Stimmen einen weiteren, tapferen Krieger zu sich riefen, linderte das getrocknete Harz zumindest seinen Weg zum Reich seiner Ahnen. Denn zum Glück wirkt Weihrauch schmerzlindernd und beruhigend. Auch, wenn jeder mich so sah, war ich dennoch kein Monster. Denn selbst, wenn meine Hilfe zu spät kam, würde ich niemals einen Gepeinigten, leidend, seinen letzten Weg gehen lassen. 

Ich war in den Augen aller Gottesfürchtigen eine Heidin, aber sie ließen ihre Männer an Infektionen verenden, und beweihräucherten sie hernach, anstatt, aus jenem heilenden Mittel, etwas effektiv Wirksames zu schaffen. 

 

AUTOR: Leonice Mercedes Troha

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