KAPITEL14 | All mein Wissen in einem Topf

All mein Wissen in einem Topf

An dem Ort wo einst mein Geburtshaus stand, war nun ein großer, grauer Block. In dessen unterster Etage befand sich ein Laden, in dem immer wieder Menschen mit eigenartig bunten Hautfarben entschwanden. Ein solch äußeres Erscheinungsbild war mir unbekannt, obwohl ich auf so vielen Kontinenten meine Runden gedreht hatte. Sie wiesen immer andere Strukturen auf und waren in meinen Augen willkürlich. Jedoch erweckten sie mein sofortiges Interesse. Ohne zu zögern trat ich ein, und verfiel in fasziniertes Staunen, als ich all diese farbigen Menschen sah. Auf einmal sah mich ein Mann an, winkte mich zu sich her, und bedeutete mir zu folgen, mit einem aufforderndem „Gehen wir’s an!“.

Neugierig auf das, was sich hinter diesen Kulissen befand, folgte ich ihm in das Untergeschoss. Der mich unten erwartende Raum sah aus wie eine Schatzkammer. Glitzernd umgaben mich die kupfernen, schuppenartigen Wände. Mein Herz schlug schneller, meine Hände wanderten über das kalte Schimmern. An jenem Ort befand sich eine Liege. Lauter kleine Tiegelchen standen auf einem Beistelltisch. „Bereit?“, erklang wieder seine Stimme. Mit einem kleinen Apparat begann er Farbe unter meine Haut zu stechen. Der peckende Schmerz durchfuhr mich und ich zuckte vor ihm zurück.
War das eine Folterkammer? Er hielt mich fester, und als wir fertig waren, war mein Handgelenk mit kleinen Runen verziert. Abschließend wickelte er eine Folie drumherum und begab sich mit mir wieder nach oben.

Danach verlangte er von mir einen bestimmten Betrag, doch ich konnte meine Schuld nicht begleichen, überfordert von der Situation. Da mich das schlechte Gewissen plagte, schlug ich vor, mein Wissen, betreffend all meiner gesammelten Heilkräuter, mit ihm zu teilen, um den Verletzten dieses Geschäfts zu helfen. Er teilte mir jedoch mit, dass alle aus einem gewissen Grund hier waren, und diesen Ort freiwillig aufsuchten. 

Nachdem sich die Situation bereinigt und ich mich in dieser Familie eingelebt hatte, wollte er, dass ich meine Erkenntnisse mit der Welt teile und heilende Salben herstelle. 

So erfanden sie für mich das Synonym „AUA’Fee“. Fortan entwickelte ich Salben für Tätowierer und ermöglichte es ihnen somit, dass von ihnen gestochene Tattoos, mit meinen Produkten den Abheilungsprozess erträglicher zu machen und die Wundheilung zu unterstützen. Meine Salben haben schmerzlindernde Effekte und sind sowohl blutstillend, desinfizierend als auch hautberuhigend. Ich vermochte sogar mit der Hilfe all jener Heilkräuter, die Rötungen der Kunstwerke, welche die Kunden zieren würden, zu vermindern. Sodass sie sich ein Leben lang daran erfreuen konnten. 

Das ermöglichte ich mit all diesen Komponenten: 

1. Salbei, denn neben seinem antiseptischen Effekt hat er auch eine zusammenziehende Wirkung auf dein Tattoo. Des Weiteren werden keine Pigmente durch das Wundwasser ausgeschwemmt. 
2. Lavendel, weil er antiseptisch, juckreizlindernd, wundheilend und schmerzlindernd ist, sowie meine Produkte wohlduftend seine beruhigende Wirkung untermalt.
3. Teebaumöl gegen allerlei Arten von Entzündungen.
4. Kokosöl, da es eine kühlende, sowie beruhigende Wirkung auf deine gestresste Haut hat und diese zart und geschmeidig macht.
5. Shea Butter versorgt deine Haut mit viel Feuchtigkeit und Nährstoffen, was sehr wichtig für den Heilungsprozess ist.
6. Pfefferminz wirkt entspannend, antibakteriell, beruhigend, entzündungshemmend, keimtötend und schmerzstillend.
   Das Menthol ist dabei der wichtigste Stoff, beim Auftragen auf die Haut hat es eine kühlende Wirkung auf die tätowierte Haut.
7. Lack Zistrose hat ebenfalls eine zusammenziehende Wirkung auf die Haut, sodass die Farbe gut erhalten bleibt.
   Eine weitere Eigenschaft ist, dass sie die Blutung deines Tattoos vermindern wird.
8. Kolloidales Silber fördert die Regeneration der Haut, stärkt das Immunsystem nach einem kräftezehrenden Tag im Tattoostudio.
9. Wasserstoffperoxid eignet sich hervorragend für die Wundbehandlung von offenen Wunden. Die Lösung stoppt die Blutung deines Tattoos, verhindert eine Infektion der Wunde und fördert die schnelle Heilung.
10. Zaubernuss wirkt leicht juckreizmindernd und entzündungslindernd auf deine Haut.
11. Bienenwachs jede Menge Vitamin A und unterstützt deine Haut bei der Zellregeneration. Das Wachs hilft die Haut straff und elastisch zu halten, sodass dein Tattoo steht’s gepflegt ist.
12. Rosenwasser wirkt unscheinbar, aber ist besonders förderlich beim Heilungsprozess deines Tattoos. Von entzündungshemmend, feuchtigkeitsspendend, hautberuhigend, antibakteriell bis zu abschwellend ist alles dabei. Vor allem seine nicht-komedogene (verstopft nicht die Poren) Wirkung ist besonders wichtig beim Abheilungsprozess.
13. Vitamin E schützt gegen freie Radikale, welche z. B. durch Stress und UV-Strahlung verursacht werden können. Sie können Zellschäden verursachen und so die Haut vorzeitig altern lassen. Vitamin E neutralisiert freie Radikale und macht sie unschädlich. Was sehr wichtig ist, wenn dein Tattoo häufig der Sonne ausgesetzt ist.

Mir war klar, dass ich nun meiner Bestimmung folgen musste. Scheinbar zog sich der rote Faden des Schmerzes durch alle Jahrhunderte hindurch, ohne jemals ein ersichtliches Ende zu nehmen. Ich konnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, meine Mitmenschen leiden zu sehen. Der Fügung sei Dank, war ich nun, nach all diesen Jahren endlich dazu in der Lage, zu helfen.

So habe ich doch ein Zuhause in meinem früheren Ort der Verurteilung gefunden, und kann meine Erfahrungen für euch alle einsetzen. Mein Buch habe ich für die Nachwelt hinterlassen, sodass jemand anders mein Werk fortführen möge. Somit, wenn du eine Stimme vernimmst, die dich magisch anzulocken scheint, könnte es die meine sein, welche aus dem Buch meiner Vergangenheit ruft, denn meine Zukunft liegt vielleicht vor dir.

Eure AUA‘Fee®

AUTOR: Leonice Mercedes Troha