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DIE KUNTERBUNTEN 5 | die Mandarinente

  • 15.07.2022
  • DIE KUNTERBUNTEN FÜNF

Du bist heute früh aufgestanden. Obwohl du müde bist, will dein Körper nicht ruhen, kein Schlaf ist dir vergönnt. Also stehst du murrend auf und gehst ins Bad. Für den Tag herausgeputzt, schließt du die Wohnungstür leise hinter dir zu, um keine Nachbarn zu stören. Kaum ein Sonnenstrahl hat bis jetzt die Stadt geweckt. Langsamen Schrittes folgst du einem schmalen Fußpfad und entfernst dich immer weiter von deinem Heim. Bei jedem Schritt wird das Rauschen des Flusses immer lauter. Du senkst den Blick, denn die Sonne beginnt deine Nase zu kitzeln. Du folgst dem Flussverlauf und nimmst auf einer nahegelegenen Bank Platz. Dort ruhst du dich aus. 

Quakendes Geplapper reißt dich aus deinen morgendlichen Träumereien. Du beobachtest vorbeischwimmende Enten, eine nach der anderen. Lautstark machen sie auf sich aufmerksam und ziehen mit dem Fluss von dannen. Da rückt auf einmal ein Schillern auf dem kühlen Nass in den Vordergrund. Elegant und fast schwerelos, wäre sie beinahe unbemerkt vorbeigezogen, doch ihr glimmendes Farbenkleid zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Sie weiß nichts von ihrer Schönheit. Neben all den bekannten Enten, wirkt sie exotisch.

Man kann kaum den Blick abwenden, weil jede Farbe etwas Besonderes ist, und jede Stelle an ihrem Körper etwas Neues zum Vorschein bringt. Du folgst ihr auf ihrem Weg, bis sie außer Sichtweite ist. Neben all dem tristen Grau auf dem Wasser, hat sich ihre Erscheinung in dein Gedächtnis eingebrannt. Still hob sich der Vogel, von all seinen anderen Artgenossen, ab. Kommen dir nicht ähnliche Gedanken, wenn du durch eine Stadt schlenderst und jemand, der von Kopf bis Fuß tätowiert ist, an dir vorübergeht?


Wir nennen sie die Mandarinente. 

„Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.“

Mark Aurel (römischer Kaiser, 121-180)

Zitat Zitat

Im Gegensatz zum Pfau, lebt die Mandarinente für sich selbst. Das Gefühl steht im Vordergrund, Prestige oder Anerkennung sind nicht wichtig. Ihr liegt am Herzen, was sie von sich selbst denkt, egal, was andere von ihr halten, für sie zählt nur die Meinung über sich selbst. Sie kehren mittels Tinte und faszinierenden Motiven ihr Innerstes nach außen, aber nicht um anzugeben oder das Gesprächsthema Nummer Eins zu sein, sondern, weil es ihnen schlichtweg gefällt. 

Vergleichbar wäre zum Beispiel, dass jemand als Hobby gerne malt. Die Bilder sind vielleicht nicht für den Verkauf geschaffen worden, aber sie zieren das Heim des Künstlers und spiegeln seine Gedanken und Gefühle auf Leinwänden wider. Manchmal sollte man Dinge für sich selbst tun und wirklich nur für sich selbst.

Die Meinung anderer sollte nicht dein Leben bestimmen. Du musst selbst wissen, wer du sein willst, was du ausdrücken willst. Kritische Blicke nimmst du nicht einmal wahr. Akzeptiere dich ohne Selbstzweifel. Du musst dir selbst genug sein, denn du bist derjenige, der immer an deiner Seite sein wird, egal was passiert. Deswegen haben wir als Symbol die Mandarinente gewählt, weil sie sich trotz ihrer auffallenden Erscheinung im Teich nicht in den Vordergrund drückt, wie zum Beispiel Schwäne. Sie ist einfach schön um ihrer Selbst willen, und sticht trotz ihres unauffälligen Verhaltens aus der Menge hervor.

Genau das solltest du auch sein, sei du selbst, bleib dir selbst treu. Eine Mandarinente zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie ein Gesamtkunstwerk schafft, sie hört nicht mitten im Prozess auf, sondern vervollständigt ihren gesamten Körper zu einer bunten Leinwand. Das ist nun ein weiterer Teil der kunterbunten 5. Auch, wenn du dich vielleicht mit der Mandarinente identifizieren möchtest, ist nicht jeder dazu bestimmt, eine zu sein.

Denn wie bereits erwähnt, gibt es für sie kein Halten. Bei ihr steht ein Ganzkörpertätowieren auf dem Programm, bis kein Hautfleck mehr frei ist, denn nur dann ist ihr Federkleid komplett und ihr wahres Ich geschaffen. Sobald sie ihr Kleid vollendet hat, wird es so sein, als wäre es schon immer da gewesen. Eine Mandarinente wird nie von sich aus anfangen über Tätowierungen zu sprechen, für sie wird es selbstverständlich sein. Auch wird sich ihr Körper weder richtig nackt anfühlen noch aussehen. Sie wird immer ein Kunstwerk sein. Es ist ein anderes Hautgefühl, eine andere Selbstwahrnehmung. Das ist nicht für jeden etwas.

Gehörst du in unseren Ententeich oder vielleicht doch zu einem anderen der 5?
Warte auf die nächsten 3 bunten Freunde.

 

AUTOR: Leonice Mercedes Troha

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